Auszüge aus: dem Buch "Goldene Regeln der Esoterik" von Gottfried De Purucker
ES IST EIN HUNGER in jedem Menschenherzen, den nichts befriedigen oder stillen kann, ein Hunger nach höherer Wahrheit, als den Menschen des Alltags bekannt, ein Hunger nach dem Wirklichen, ein Hunger nach dem Erhabenen. Er ist das göttliche Heimweh der Seele, der Geistseele des Menschen. Diese Sehnsucht entspringt dem Gefühl der Heimatlosigkeit, der Erinnerung der Seele an unsere spirituelle Heimat, aus der wir kamen und zu der unsere Reise nun wieder zurückführt.
Das Göttliche wohnt in deinem Herzen. Es ist deine Wurzel. Es ist der letzte, allerinnerste Kern deines Wesens; und du kannst auf dem Pfad des spirituellen Selbstes emporsteigen, läßt Schleier um Schleier der verdunkelnden Ichheit hinter dir, bis du die Vereinigung mit jenem inneren Göttlichen erreichst. Das ist das erhabenste Unternehmen, das Menschen kennen – die Erforschung des innersten Selbstes des Menschen. Wenn du diesem inneren Pfad der Selbsterkenntnis folgst, wirst du nicht nur die Höhen des Parnaß und des Olymps erklimmen, sondern du wirst mit der Zeit so an Verständnis und innerem Schauen wachsen, daß deine Augen weite Gebiete und Räume inneren Lichts umfassen und dir die heiligsten und schönsten und deshalb erhabensten Mysterien des grenzenlosen Universums offenbar werden.
Der erste Schritt auf dem Pfad zum Herzen des Universums ist die Erkenntnis der Wahrheit, daß alles von innen kommt. Alle genialen Inspirationen, alle großen Ideen, welche die Zivilisationen aufbauten und zerstörten, all die wunderbaren Botschaften, die von den Großen der Erde an ihre Menschenbrüder gerichtet worden sind – sie alle kommen von innen. Der Kampf um die Vereinigung, um das Einssein, um die Verschmelzung mit deinem inneren Gott ist mehr als zur Hälfte gewonnen, wenn du diese Wahrheit erkennst. Und wie herrlich wird der Pfad danach verstanden! Wie groß und schön ist er! Immer weiter und tiefer führt er nach innen – man könnte ebensogut sagen, nach oben –, immer höher und höher, bis du eins wirst mit deinen eigenen Verwandten – den Göttern –, die die Lenker und Herrscher des Universums und deren Kinder die Menschen sind.
Das Innerste deines Inneren ist ein Gott, eine lebendige Gottheit; und von dieser göttlichen Quelle fließen hinunter in dein menschliches Bewußtsein all die Dinge, die den Menschen groß machen, alles, was Liebe und mächtige Hoffnung, Begeisterung und höheres Streben wachruft und, das Edelste von allem, Selbstaufopferung. In dir selbst liegen alle Geheimnisse des Universums. Durch dein inneres Selbst, durch deine spirituelle Natur, hast du einen Weg, der zum innersten Herzen des Universums führt. Wenn du vorwärts dringst auf jenem Pfad, der immer weiter nach innen führt, wenn du in dich gehen und Schleier um Schleier der Selbstheit wegziehen und immer tiefer in dich eindringen kannst, dann dringst du auch immer tiefer in die wundersamen Geheimnisse der universalen Natur ein.
Dieser Pfad wird als ‘Weg’ bezeichnet; dabei handelt es sich jedoch um die Erschließung des menschlichen Herzens – nicht des physischen Herzens, sondern seines Wesens Kern, der Essenz des Menschen, mit anderen Worten, um die Erschließung und Entwicklung seiner geistigen, intellektuellen und seelischen Kräfte und Fähigkeiten. Das ist die Herzenslehre, die geheime Lehre, die verborgene Lehre. Jene, die die Intuition von etwas Größerem in sich haben, von etwas Herrlichem und Erhabenem, von etwas, das der knospenden Blume gleich in Herz und Geist heranwächst – sie sind es, die schließlich mehr sehen werden; sie sind die Initiierten, die zu den großen Sehern und Weisen heranwachsen.
Die alte, alte Regel ist wahr: Der Mensch bekommt, was er selbst zu erlangen vermag – was er selbst ist. Der Mensch ist ein untrennbarer Teil des Universums, in dem er lebt und webt und sein Dasein hat. Es besteht keinerlei Trennung zwischen seinem Ursprung und dem Ursprung des Universums; es liegt kein Abstand zwischen beiden.
Dasselbe universale Leben strömt durch alles, was da ist. Derselbe Bewußtseinsstrom, der in dem gewaltigen Ganzen und durch das mächtige Ganze des Universums fließt, durchströmt deshalb auch den Menschen – ein untrennbarer Teil jenes Universums. Das bedeutet, daß es einen Pfad gibt, auf dem du in enge Beziehung zu dem Herzen des Universums selbst kommen kannst; und dieser Pfad bist du, dein eigenes inneres Wesen, deine eigene innere Natur, dein spirituelles Selbst. Nicht das Ich des gewöhnlichen physischen Menschen, das nur ein armseliger Widerschein des spirituellen inneren Glanzes ist, sondern jenes innere Selbst aus reinem Bewußtsein, aus reiner Liebe für alles, was da ist, unbefleckt von allem irdischen Makel – dein spirituelles Wesen.
Wenn du diesem Pfad zu deinem inneren Gott, deinem höheren Selbst, folgst, wirst du im Laufe der grenzenlosen Zeit alle Geheimnisse und Wunder der unermeßlichen Unendlichkeit erlangen; und solches Glück, solcher Frieden, solche Seligkeit und solche Schönheit, Liebe und Inspiration werden dein Wesen erfüllen, daß jeder Hauch von dir eine Segnung und jeder Gedanke eine erhabene Eingebung sein wird.
Die Erhöhung des Persönlichen ins Spirituelle ist die Aufgabe der Evolution. Das ist das gleiche Ziel, das die natürliche Evolution in ihrem langsamen Werdeprozeß im Laufe der Zeitalter zu erreichen bestrebt ist – das Niedere zum Höheren emporzuheben –, nicht aber, es zu ertöten oder zu unterdrücken. Sei so heilig, edel und rein, wie du dir nur vorstellen kannst; dann kannst du deinen Körper vergessen; dann kannst du deine Persönlichkeit vergessen, die durch den Körper zum Ausdruck kommt; und mit deiner Persönlichkeit meine ich alle deine niederen Fähigkeiten: deinen niederen mentalen und deinen empfindenden Teil, deine Launen und deine kleinen Wehs und Achs.
Erlöse deine niederen Bestandteile, damit sie edleren und höheren Zwecken dienen können. Wenn das Persönliche umgewandelt worden ist, wenn das Persönliche den erhabenen Einfluß des Gottes in dir mehr oder minder offenbaren kann – deine eigene innere spirituell-göttliche Strahlenkraft –, dann wirst du gleich einem Gott in Menschengestalt auf Erden wandeln und wie ein Gott handeln. Denn jeder ist der irdische Repräsentant seines eigenen inneren Gottes; und du zeigst auf der physischen Ebene soviel von der göttlichen Essenz, die dein Wesen durchströmt, wie es dir deine Entwicklung ermöglicht. Deshalb beginne schon jetzt, den inneren Gott zu offenbaren.
Du kannst die Wahrheit nur mit dem Wisser erkennen; du kannst nichts außerhalb von dir verstehen, außer mit dem und durch den Versteher in dir; dennoch ist das, was außerhalb von dir ist, auch gleichermaßen in dir, denn du bist ein untrennbarer Teil des Universums, du bist sein Kind. Jede Wesenheit ist ein untrennbarer Teil des grenzenlosen Alls, weil sie sozusagen sein Sproß, sein Kind ist, Leben von seinem Leben, Blut von seinem Blut, Denken aus seinem Denken. Und den Weg zu dieser erhabenen Vision und ihrer Entwicklung zu immer größerer Erhabenheit findet der, der nach innen schaut, der dem stillen, schmalen Pfad des inneren Bewußtseins folgt.
Das ist der Sinn der Aufforderung: Mensch, erkenne dich selbst! Nichts kann dich dann in die Irre führen; nichts kann dich dann von dem abbringen, was du in deinem tiefsten Herzen bist; denn das Göttliche wird für dich kämpfen, das Göttliche wird deine Bürde tragen. Auch wenn dein Herz jetzt noch von Schmerz und Leid zerrissen und gequält ist, so daß du oft nicht weißt, wohin du dich wenden sollst, wird sich dann Frieden und Liebe in dein Herz senken, und sie werden dich führen und erleuchten und deinen Pfad zu den Göttern erhellen; und dieser Pfad bist du selbst, dein göttliches Selbst, das im Göttlichen, im Herzen der Dinge verankert ist. Folge jenem Pfad, bis du als selbstbewußter Gott in das Leben des kosmischen Göttlichen eintrittst.
Deshalb muß die Verstandeskraft, eine der edelsten Kräfte der inneren Konstitution des Menschen, ebenfalls entfaltet werden. Verstand und Gefühl müssen vorhanden sein. Beide sind notwendig. Wenn diese beiden verbunden und harmonisch aufeinander abgestimmt sind, dann ist der Weise und Seher fertig. Du kannst die Höhen nicht erreichen, wenn du einen Teil von dir unten im Tal läßt. Du mußt emporsteigen – dein ganzes Wesen. Schule deinen Verstand, schule deinen Willen, schule dein Herz, schule deine Intelligenz. Wenn du dich deinem größeren Selbst zuwendest, dem höheren Teil deiner Konstitution, wenn du zum inneren Buddha, zum inneren Christus wirst, dann gibst du die physische Persönlichkeit und all jene hemmenden Dinge auf, die dich peinigen und quälen und dir Leid und Unannehmlichkeiten bereiten, und trittst in das erhabene Licht des Geistes ein und vertauschst das Persönliche gegen das Göttliche.
Oh, wie wundervoll, heilig, erhaben und inspirierend wie keine andere ist diese Wahrheit: daß in jedem einzelnen ein unaussprechlicher Quell der Stärke, der Weisheit, der Liebe, des Mitleids, des Verzeihens, der Reinheit ist! Verbinde dich mit diesem Urquell der Stärke; er ist in dir, niemand kann ihn dir je nehmen. Sein Wert ist kostbarer als alle Schätze des Universums, denn wenn du ihn kennst und eins mit ihm wirst, bist du zu allem geworden. Eine klare Intelligenz tritt uns deutlich in allen Dingen entgegen. Was in den Sternen ist, ist auch in den Blumen zu unseren Füßen; und die instinktive Erkenntnis dieser Qualität des Schönen läßt den Dichter von der Blume als einem herrlichen Stern sprechen. Die gleiche Lebenskraft durchpulst Blume und Stern. Die gleiche klare Flamme der Intelligenz gibt ihr ihre erlesene Form, Gestalt und Farbe, und die gleiche klare Flamme der Intelligenz lenkt auch den Zug der Sterne auf ihren kosmischen Wegen.
Alle Schönheit liegt daher im Bewußtsein des Schauenden, wo in einem sehr wahren Sinn überhaupt alle Dinge sind, die wir erkennen. Niemand kann äußere Schönheit wahrnehmen, der nicht Schönheit in sich trägt. Niemand kann das Schöne verstehen, es sei denn, er selbst ist in seinem Innern schön. Niemand kann Harmonie verstehen, der nicht in seinem inneren Wesen Harmonie ist. Alle wertvollen Dinge sind in dir, und die Außenwelt gibt dir nur den Anreiz zur Betätigung der inneren Fähigkeit des Verstehens.
Es liegt Schönheit im Verstehen, und Verstehen entspringt nur einem verstehenden Herzen, so widerspruchsvoll das auch anfangs klingen mag. Das verstehende Herz besitzt Vision. Der Seher schult sich, das Auge des Schauens in sich zu öffnen, und die Natur spricht zu ihm in Tönen, die mit jedem Jahr bezaubernder und schöner erklingen, da er innerlich wächst. Sein Verstehen erweitert und vertieft sich. Das Flüstern der Bäume, das Rascheln und Rauschen der Blätter, das leise Schwappen der Wellen am Gestade, das Zirpen des Heimchens, das Gurren der Taube, der Klang einer menschlichen Stimme – so mißtönend sie oft auch sein mag – enthalten Wunder für ihn.
Er erkennt seine Verwandtschaft mit allem, was da ist; er nimmt wahr, daß er nur ein Element ist in einem wunderbaren Lebensmosaik, in das er unzertrennlich eingegliedert ist, und mit zunehmender Fähigkeit des Schauens wird dieses Mosaik immer schöner und erhabener. Er weiß nun, daß die erhabene Vision da ist, und strebt danach, sie immer klarer zu sehen. Von jedem Baum, von jeder Blüte, von jedem Sandkorn, das unter deinem Fuß knirscht, von allem, was da ist, könntest du lernen, wenn du das Auge des Schauens hättest.
Hast du nie in den Kelch einer Blume geblickt? Hast du nie die Schönheit, das Ebenmaß und die Herrlichkeit, die dich umgeben, studiert? Hast du nie die Morgen- oder die Abendsonne betrachtet und den Farbenglanz am östlichen oder westlichen Himmel bewundert? Hast du nie einem Mitmenschen tief ins Auge geblickt, nie mit sehendem Auge deine Artgenossen angeschaut? Hast du dort nie Wunder entdeckt? Wie wunderbar ist die Welt, von der wir umgeben sind! Und doch, trotz all der Schönheit, die uns umgibt, schmerzt das Herz, und tiefe Niedergeschlagenheit bemächtigt sich des Gemütes bei dem Gedanken an der Menschheit Jammer, der aus den drei düsteren Worten spricht – Alter, Krankheit und Tod. Lerne, das Denken zu beherrschen. Der Mensch ist der Götter Sproß, und sein Denken sollte gottähnlich, himmelstrebend sein, sein Herz sollte sich immer mehr in Liebe öffnen; und gottgleich sollte deshalb auch seine Haltung sein.
Tritt ein in die stillen Tiefen deines Herzens, tritt ein in die so stillen und ruhigen Kammern deines inneren Wesens. Bald wirst du lernen, an der Tür deines eigenen Herzens anzuklopfen. Die Übung macht den Meister. Intuition wird dir dann werden. Sofortige Erkenntnis wird in dir erwachen. Unmittelbar wird dir Wahrheit aufleuchten. Das ist der Weg, das ist die Lehre. An diesen stillen Stätten wird dir Erleuchtung, und du wirst Visionen der Wahrheit empfangen, weil dein Geist – dein innerstes Herz und Selbst – eingegangen ist in das Innerste des Seins, aus dem es stammt, von dem es nie getrennt ist, von dem es einst ausging und mit dem du in unmittelbarer, steter Verbindung stehst. Erkenne diese wundervolle Wahrheit; nimm sie zu Herzen; denn es gibt unerschöpfliche Quellen der Weisheit, des Wissens und der Liebe – ja, und der Macht – Macht über das Selbst zuallererst, und das bedeutet Macht über die Natur, in der wir leben und weben und unser Dasein haben. Denn der Kern deines Wesens ist der innere Gott in dir, der göttliche Geist, der ChristosGeist, die buddhische Herrlichkeit in dir.
In diese Friedensstätte der Seele, in dieses Reich der Herzensstille, in das Allerinnerste des menschlichen Wesens treten die Großen ein, wenn sie nach mehr Licht und größerer Erkenntnis verlangen; denn damit dringen sie auch in den inneren Aufbau und in das Gewebe des Universums ein und erkennen die WAHRHEIT aus erster Hand, weil sie mit ihrem Denken und ihrer Intelligenz – mit dem Organ der Geisteskräfte – eins mit jenem Universum werden und sich im Gleichklang, in gleichem Rhythmus mit den Schwingungen auf allen Ebenen der Ewigen Mutter halten. Dort werden sie eins mit allem und erkennen deshalb die Wahrheit intuitiv. Das Alter muß dich nicht schrecken. Wer recht gelebt hat, wer ein reines Leben geführt und edle Gedanken gehegt hat, wird im Alter, wenn die körperlichen Kräfte abnehmen und die stofflichen Schleier dünn werden, sehen und mit dem Sehen erkennen.
Dann kommt das Alter sachte zu dir, bringt Segnungen mit sich und steigert alle höheren Fähigkeiten und Kräfte, so daß sein Nahen durchdrungen ist von den Harmonien einer anderen Welt, schön mit ihren Lichtblicken von Wahrheit und Herrlichkeit. Das Alter ist ein Segen, wenn das vorangegangene Leben recht geführt wurde. Es bringt außerdem noch manche andere, sonst unerreichbare Dinge mit sich, wie die Weitung des Bewußtseins, von der die Jugend nichts weiß. Es bringt eine gesteigerte, intellektuelle Kraft mit sich, die wegen ihrer Reichweite von den weniger entwickelten Menschen, den Jugendlichen und den Menschen im mittleren Lebensalter, nicht verstanden und deshalb für vage Verallgemeinerungen eines Großvaters gehalten werden. Der Großvater ist indes in solchen Umständen der Wahrheit näher und sieht mehr als das noch unentwickelte Auge der Jugend.
Wir nennen Dinge ‘gut’, wenn sie uns gerade gefallen, und wenn sie uns nicht passen, sagen wir, sie seien ‘böse’. Und doch erwies sich gerade das, was dir nicht behagte, in manchen Fällen als etwas sehr Segensreiches, brachte dir Glück und Gedeihen, oder es verlieh dir wenigstens Charakterstärke, die mehr wert ist als alle Schätze der Welt. Es gab dir Einsicht, erschloß die Kräfte deines Herzens, lehrte dich denken, kurz, es machte einen Menschen aus dir. Nichts stößt uns zu, was wir nicht selbst anfänglich verursacht haben. Wir säten die Samen. Nun sind die Saaten in uns aufgegangen und wir sagen: Ich kann nicht verstehen, wie mir derartiges zustoßen konnte! Doch es ist da; und wenn du es in der rechten Weise nimmst, ihm recht begegnest, dich richtig dazu stellst und es als das ansiehst, was du selbst gewählt haben würdest, wirst du zu einem Mitarbeiter des Schicksals: Glück, Wachstum und Stärke werden dir zuteil und Weisheit geht in deinem Herzen auf.
Daraus ergibt sich folgende Lehre: Wenn Leid und Ungemach über dich kommen, wenn Unglück dein Herz peinigt, wenn es scheint, als stünde die ganze Welt gegen dich auf, dann sei ein Mensch. Nimm es beherzt auf dich und bringe es hinter dich, so daß du in kommenden Zeiten, wenn dein Charakter stärker und besser geworden ist, nicht mit noch ungekeimtem Samen karmischen Geschicks behaftet bist, der dann aufgehen und dir weit größeres Unglück bringen wird, als er jetzt bringen könnte. Es hat große und edle Menschen gegeben, Jünger des Pfades und fortgeschrittene Schüler, denen solches zugestoßen ist. Alte karmische Schicksalssamen, unterdrückt, zurückgehalten, durch den Willen zurückgedämmt, kamen zum Durchbruch und zerstörten anscheinend ein edles Leben. Wenn dich daher Leid trifft, wenn Kummer in deinem Leben auftaucht, wenn Schmerz dich heimsucht, so nimm sie zu Herzen, denn sie sind Erwecker. Vergnügungen lullen dich in Schlaf, die sogenannten Freuden lassen dich einschlummern. Leid und Kummer und Schmerzen – Veränderungen in deinen Lebensumständen, die dir nicht behagen –, diese drei sind deine Erwecker.
Oh, daß du diese Wahrheit erkennen mögest! Sie werden dir Stärke verleihen und Frieden; sie werden deinen Verstand erleuchten, so daß du den Lebensproblemen erfolgreich begegnen kannst, sie werden dir Trost und Hilfe bringen. Erinnere dich, es ist nur das Endliche, das leidet; ebenso ist es auch das Endliche, das liebt; nur das Endliche vollführt diese Dinge, weil es lernt. Es lernt und wächst, wie klein oder wie groß es auch immer sein mag, Insekt oder Gott, Übergott oder Erdenatom: Alle lernen und wachsen und gehen deshalb durch Zustände von Wohlsein und Glückseligkeit und von Schmerz und Leiden. Alles, was ist, ist eine Gelegenheit für das schauende Auge und für das verstehende Herz, eine Gelegenheit zum Lernen, was Wachsen bedeutet; und wenn man erkennt, daß Schmerz und Leiden zwei von den Mitteln sind, durch die wir wachsen, dann zieht Friede ins Herz und Ruhe in die Seele ein.
Eine schöne, nützliche Regel ist die folgende: Was auch immer dir zustößt, trage es mannhaft. Betrachte es als gerade das, was du selbst gewollt hättest – und gewinne Frieden daraus. Es wird vorübergehen, es wird sich auswirken. Es ist eine gute, praktische Regel des Moralgesetzes: Jammere nicht, richte dein Antlitz nach dem mystischen Osten der Zukunft, wappne dein Herz mit Mut und denke daran, daß du vom Stamm und Geschlecht der unsterblichen Götter bist, die das Universum leiten und lenken. Es gibt tatsächlich Zeiten im Leben, in denen uns das höhere Selbst auf Pfade der Prüfung führt, damit wir durch ein erfolgreiches Bestehen der Prüfungen wachsen. Doch ist das höhere Selbst immer mit uns und mahnt uns beständig durch Ahnungen und Eingebungen, mutig zu sein, das Leben kühn zu meistern, wahr, rein, stark, aufrichtig und noch mehr in dieser Art zu sein. Gerade dieses sind die Eigenschaften der menschlichen Natur, die uns vor Unheil bewahren, wenn sie unentwegt angestrebt werden.
Das einzige Unheil, das die Geistseele des Menschen kennt, ist Schwachheit, Versagen, Mutlosigkeit. Körperliches Ungemach und andere Drangsale des physischen Lebens sind oft verkappte Segnungen. Das höhere Selbst lehrt uns, diesen mit rechtem Mut zu begegnen und sie siegreich zu überwinden. Die innere Freude ist es, die uns zum Sieg führt, die Wahrnehmung des Gefühls, daß wir es erreichen können, wenn wir es nur wollen. Das könnte aber nicht so sein, wenn das Herz des Universums nicht Harmonie und Liebe wäre, denn das Herz der Dinge ist himmlischer Friede, Liebe und Schönheit. Deshalb gedenke dieser Wahrheiten, wenn Schmerz und Leid über dich kommen. Raffe dich auf, ermanne dich! Trotze dem Sturm, und ehe du dich dessen versiehst, wirst du blauen Himmel über dir haben, Erfolg und Gedeihen sehen, denn du hast wie ein Mensch gehandelt. Du hast die Prüfung bestanden, und sie hat dir Stärke verliehen.
Jeder Weise und Seher hat das gleiche gelehrt: Reinige den Tempel des heiligen Geistes, treibe die Dämonen der niederen Natur hinaus. Welches sind diese Dämonen? Die eigenen Gedanken. Unharmonische Gedanken vergiften nicht nur die Luft, sondern sie vergiften auch deinen eigenen Blutstrom, sie vergiften deinen Körper, und Krankheit ist die Folge. Was sind unharmonische Gedanken? Es sind egoistische Gedanken, böse Gedanken, niedrige Gedanken, mürrische Gedanken. Sie entstehen in einem Herzen, das keine Liebe hat. Vollkommene Liebe im Menschenherzen führt zum Aufbau eines starken, von Natur reinen Körpers, weil dein Inneres seelisch und moralisch rein ist, harmonisch in seinen Funktionen; denn in diesem Fall sind Verstand, Seele und Geist – der wahre Mensch – in harmonischem Zusammenwirken. Der Körper spiegelt nur das wider, was du selbst bist.
Vergiß die üblen Gedanken und gib ihnen kein künstliches Leben, indem du sie als Erinnerungsbilder in deiner Vorstellung erstehen läßt und dann bekämpfst. Vergeude deine Energien nicht im Kampf gegen Unholde – die Gaukeleien und Gespenster deiner Einbildung. Sie sind nur die Trugbilder deiner eigenen Einbildungskraft und haben außerhalb von dir keine Wirklichkeit. Doch können dich diese Erscheinungen und Gespenster manchmal überwältigen und zu einer zeitweiligen Wirklichkeit werden, weil du ihnen Form und Gedankenkraft gegeben hast. Du kleidest diese Dinge in Gedanken ein, und Gedanken beherrschen dann deinen Körper. Stelle dir das Gegenteil vor. Schaffe dir in deiner Vorstellungskraft schöne und kraftvolle Bilder. Wenn du von diesen häßlichen Zerrbildern heimgesucht wirst, male dir schöne Dinge aus. Das ist viel anziehender. Es ist eine herrliche Beschäftigung und ist immer wirksam. Stelle dir hohe und erhabene Dinge vor und stelle sie mit aller Kraft vor dein inneres Auge. Stelle dir vor, du habest Erfolg in edlen Dingen. Male dir schöne und von innerem Glanz erfüllte Dinge aus.
Bringe deine Gedanken zum Schweigen. Das bedeutet nicht, daß du mit dem Denken aufhören, sondern daß du deine Gedanken überwachen und ihr Herr sein sollst. Sei nicht der Sklave jener streunenden Vagabunden, die dein Denkvermögen zu ihrem Tummelplatz machen; sei mannhaft! Erzeuge Gedanken und lenke diese, deine Gedankenkinder. Und wenn sie unfolgsam werden, so setze ihnen einen Dämpfer auf. Bringe sie zum Schweigen! Sei ein Denker, doch verwirre dich nicht in deinen Gedanken, sondern wende dich nach innen. Mit anderen Worten: Unterlasse die ruhelose Tätigkeit deines Gehirnverstands und tritt ein in die inneren Kammern deines Herzens, in die Tiefen deines Bewußtseins, in die heilige Stätte im Innern und erblicke das Licht. Empfange das Licht. Bringe deine Gedanken zum Schweigen und tritt ein in das Bewußtsein.
Ein gütiger Gedanke, einem anderen Menschen zugesandt, ist ein Schutz für jenen anderen; und es ist eine wundervolle Tat. Sie zeugt von Menschentum, von wahrem Menschentum, und jeder normale Mensch liebt solches Tun. Es gibt wenig Dinge, die für Herz und Verstand so erquickend sind wie das Gefühl, daß wir wenigstens heute keine unfreundlichen Gefühle oder Gedanken gegen andere hegten, sondern hilfreich, gütig, rücksichtsvoll und unpersönlich waren. Gedankensamen zu säen ist eine verantwortungsvolle Handlung. Wer Gedankensamen in das Denken seiner Mitmenschen sät, wird durch natürliches Gesetz zu strenger Rechenschaft gezogen. Die Natur ist nicht anarchisch; sie wird überall von Ursache und Wirkung beherrscht – von Karma.
Was ist ein Gedanke? Ein Gedanke ist ein Ding, er ist ein lebendes Wesen. Alle die zahllosen und mannigfaltigen Erscheinungen der Natur sind, soweit es Differenzierungen betrifft, auf die eine Tatsache gegründet, daß im Kern einer jeden solchen Wesenheit ein göttlicher Gedanke existiert, ein Same des Göttlichen, dazu bestimmt, die Äonen hindurch zu wachsen, bis sich das innewohnende Leben, die Individualität, Kraft und Fähigkeit in einem solchen Samen mehr oder weniger vollkommen offenbaren. Daher kommt es, daß ein solcher Gottsame oder eine solche Monade ihrerseits zu einer göttlichen Wesenheit wird, zu einer selbstbewußten Göttlichkeit, zu einem Kind der kosmischen Göttlichkeit, der es entstammt. Gedanken sind Dinge, weil Gedanken stofflich sind.
Gedanken sind stoffliche Wesenheiten – nicht aus dem Stoff unserer physischen Welt zusammengesetzt, sondern aus feiner, ätherischer Substanz. Der Mensch ist ein Brennpunkt schöpferischer Kräfte; er ist ein Energiezentrum, das beständig zahllose Ströme und Fluten kleiner Leben von sich aussendet. Diese atomischen Leben, diese Lebensatome verlassen ihn durch seine physischen Ausstrahlungen. Auch aus seinem Denkorgan gehen sie hervor, und in seinem Denkorgan sind sie Gedanken, die so in die Gedankenatmosphäre der Welt gesendet werden. Zudem ist jeder Gedanke eine Wesenheit, denn sonst könnte er doch offenbar keinen Bruchteil einer Sekunde bestehen, wenn er nicht mit irgendeiner Art von Individualität ausgestattet wäre, die ihm innewohnt und seine Essenz bildet, die ihn als Wesenheit in individualisierter Form bestehen läßt. Wie nun der Mensch Ströme von Lebensatomen aussendet, so strömt auch die Sonne ihre Lebensessenz in den Raum hinaus und gibt allem, was ihre kraftspendenden Strahlen berühren, Leben und Energie und ätherische Substanz – auch ihren eigenen Atomen, Elektronen und sonstigen Teilchen, die zur physischen Ebene gehören. So strömt der Mensch fortwährend seine Lebenskraft aus.
Da die Natur ein gewaltiger Organismus ist, ist alles mit allem verbunden; deshalb setzt jeder Atemzug und Gedanke Kräfte und Energien in Bewegung, die schließlich die äußersten Grenzen unseres Heimatuniversums erreichen und über diese Grenzen hinausgehend in den Bereich anderer Universen eindringen. Daher berührt sogar ein Gedanke an einen Stern diesen Stern im Lauf der Zeit, wenn auch nur mit unendlich kleiner Wirkung; trotzdem stellt diese Tatsache eine wunderbare Wahrheit dar. Zudem ist es eine Wahrheit, die uns nachdenklich stimmt. Ja, selbst die Sterne werden durch unser Denken beeinflußt.
Und bei jenen, deren innere Vision mehr erwacht ist und die erkennen, daß jene herrlichen Lichtkörper, die über das blaue Himmelsgewölbe der Nacht verstreut sind, nur die stofflichen Gewänder einer inneren und glänzenden Bewußtseinsflamme darstellen, die sich in der Herrlichkeit dieser kosmischen Sonnen offenbart – geradeso wie sich unser Bewußtsein durch uns als Menschenwesen offenbart –, bei jenen, die derart zu Sehern werden, erreicht das Denken die Sonnen und Sterne. Jeder ist das Kind einer Sonne und deshalb ein Atom spiritueller Energie. Und welcher Vater kennt sein Kind nicht und hört nicht auf sein schwaches Rufen?
Wiedergeburt, das Erwachen aus der Ruhe zwischen Erdenleben, ist das Ergebnis des Schicksals, des Schicksals, das du dir in vergangenen Leben selbst geschaffen hast. Du selbst hast dich so gestaltet, daß du wieder hierher auf die Erde zurückkommen mußt; und du bist jetzt hier, weil du dich in anderen Leben zur Reinkarnation vorbereitet hast. Du selbst bist für dich Vater und Mutter, du bist dein eigenes Kind, denn du bist du selbst. Du bist als Charakter, als Menschenwesen nur das Ergebnis dessen, was du in der Vergangenheit aus dir gemacht hast, und dein künftiges Schicksal – die Wirkung folgt notwendigerweise der Ursache – wird genau das Ergebnis, das Karma von dem sein, wozu du dich jetzt machst.
Hier liegen die geheimen Ursachen der Wiedergeburt: Die Menschen hungern nach Licht und wissen nicht, wo sie es finden können. Ihre Intuitionen sagen ihnen die Wahrheit, doch sie wissen nicht, wie sie diese Ahnungen deuten sollen. Ihr Denken, ihr Verstand ist verwirrt durch die Lehren jener, die nur in der materiellen Welt nach Licht gesucht haben. Lichtsucher sein, ist wahrlich ein edles Streben, aber nur in der materiellen Welt danach zu suchen, beweist, daß die Suchenden den Schlüssel zum größeren Innen verloren haben, von dem das materielle Universum nur die Schale, das Gewand, der Körper, die äußere Hülle ist.
Eine der verborgenen Ursachen der Wiedergeburt, der Wiedergeburt der menschlichen Seele ist die, daß der Mensch, weil er ein essentieller Teil des Universums und mit diesem in seinem innersten Herzen und mit seinem ganzen Sein eins ist, dem kosmischen Gesetz der Wiedereinkörperung gehorchen muß: erst Geburt, dann Wachstum, dann Jugend, Reifung, Entwicklung von Fähigkeiten und Kräften, dann Niedergang, das Nahen des großen Friedens – Schlaf, Ruhe; und dann das erneute Heraustreten in das manifestierte Dasein. So verkörpern sich auch Universen wieder. So verkörpert sich auch ein Himmelskörper wieder – jeder Stern, ob Sonne oder Planet. Jeder einzelne ist ein Körper, wie du es in deinem niederen Teil auch bist; jeder ist ein untrennbarer Teil des grenzenlosen Universums, wie auch du selbst es bist; jeder einzelne entspringt dem Schoß des grenzenlosen Raums als dessen Kind, wie auch du selbst; und ein universales kosmisches Gesetz durchdringt und durchwaltet alles, so daß, was dem einen geschieht, sei es groß oder klein, entwickelt oder unentwickelt, fortgeschritten oder nicht, jedem und allen geschieht. Du selbst gestaltest dir dein Schicksal; du selbst machst dich zu dem, was du bist. Was du jetzt bist, ist genau das, wozu du dich in vergangenen Leben gemacht hast. Und für das, was du in Zukunft sein wirst, legst du jetzt die Ursachen.
Du hast einen Willen, und du gebrauchst diesen Willen zu deinem Wohl oder Weh, während du hier auf Erden lebst und später in den unsichtbaren Reichen, in den Gebieten des grenzenlosen Raums. Das ist eine weitere, die zweite der verborgenen Ursachen der Wiedergeburt. Es gibt noch eine dritte verborgene Ursache, und diese ist vielleicht die materiell wirksamste. Diese dritte Ursache wurzelt im Innern eines jeden von uns. Es ist der Durst nach sinnenhaftem Dasein, Durst nach irdischem Leben, Hunger nach den Stätten und Gebieten, in denen wir einst wandelten und die uns vertraut sind. Das bringt uns wieder und immer wieder zur Erde zurück. Dieser Durst, in vertraute Verhältnisse zurückzukehren, bringt uns wieder zur Erde zurück – er ist als einzelne Ursache wohl wirksamer als alle anderen. Die entkörperte Wesenheit geht nach dem Tod und vor der Rückkehr zur Wiedergeburt auf der Erde dorthin, wohin die Gesamtsumme ihres Sehnens, ihrer Gefühle und Bestrebungen sie hinlenkt.
DER MENSCH AN SICH ist eine unsichtbare Wesenheit. Was wir von ihm im und durch den Körper sehen, ist lediglich die Manifestation des inneren Menschen, da der Mensch seinem Wesen nach eine spirituelle Energie ist – eine spirituelle, intellektuelle, psychomaterielle Energie. Das Adjektiv hängt davon ab, welche Ebene seiner Lebensäußerungen man gerade untersuchen will, denn man kann in Wirklichkeit sagen, daß er auf allen Ebenen existiert, auf den inneren und äußeren. Obwohl der Mensch eine unsichtbare Wesenheit ist, benötigt er einen stofflichen Körper zum Leben und zur Betätigung auf dieser physischen Ebene. Er ist ein Pilger der Ewigkeit. Er entsprang dem unsichtbaren Teil des kosmischen Seins, in Äonen, die so weit in der Vergangenheit liegen, daß die Menschheit, mit Ausnahme der großen Weisen und Seher, alle Erinnerung daran verloren hat.
Er kam hervor aus dem Schoß des kosmischen Seins als ein sich seiner selbst nicht bewußter Gottesfunke, und nach langer, langer, äonenlanger Wanderung durch alle die verschiedenen inneren Welten, wobei er auf verschiedenen Stufen durch unsere eigene materielle Sphäre und von da wieder in die inneren Welten ging, wurde er schließlich Mensch, eine selbstbewußte Wesenheit. Und hier stehen wir jetzt. Künftige Zeitäonen werden, noch auf dieser unserer Erde, die noch verschlossenen Fähigkeiten und Kräfte, die in jedem Menschen liegen, zu weit vollkommenerer Offenbarung bringen als heute; und in jenen Tagen der fernen, fernen Zukunft wird der Mensch als ein Gott auf dieser Erde wandeln und mit seinen Mitgöttern leben, denn er wird dann die gottgleichen Kräfte entfaltet haben, die jetzt noch unentwickelt, aber trotzdem in seiner Essenz verborgen liegen.
Das Zentrum des Herzens des Menschen ist ein Gott, ein kosmischer Geist, ein Funke des zentralen kosmischen Feuers; und die ganze Evolution – das Entfalten dessen, was im Innern ist, das Enthüllen dessen, was sich innerhalb der sich entwickelnden Wesenheit befindet, das Hervorbringen dessen, was im Innern eingeschlossen ist – die ganze Evolution bedeutet nur eine immer vollkommener werdende Offenbarung der eingeschlossenen, unentfalteten, unentwickelten Energien, Fähigkeiten, Kräfte und Organe der Wesenheit, die sich entwickelt. Und im gleichen Maß, wie diese Fähigkeiten und Energien sich immer vollkommener offenbaren und vollkommener entwickeln werden, zeigt auch der Organismus, durch den sie sich äußern, der Körper, die Wirkungen dieses inneren Feuers der Entwicklung, und daher entwickelt sich auch der Körper, weil er automatisch jeden inneren Schritt nach vorn selbst widerspiegelt.
Die Menschen sind den Göttern, den kosmischen Geistern, stammverwandt. Das Universum ist unsere Heimat. Wir können es nie verlassen. Wir sind seine Kinder, seine Abkömmlinge, und deshalb sind wir in unserem tiefsten Innern alles, was der grenzenlose Raum ist. Wir entstammen ihm. Der grenzenlose Raum ist unsere Hei Wie eine wachsende Pflanze tritt der Mensch, die Menschenpflanze der Ewigkeit, aus dem Unsichtbaren ins Sichtbare. In einem Erdenleben beginnt er als menschlicher Same, reift heran und bringt hervor, was in ihm eingeschlossen ist; dann, mit dem natürlichen Verfall der Kräfte, sinkt der Körper zur Erde und stirbt; und nach einer langen Ruheperiode in den unsichtbaren Welten, wo die Erfahrungen assimiliert werden, steigt die innere spirituelle Flamme wieder zu einer neuen Reinkarnation auf die Erde hinab.
Dies ist in Kürze die Geschichte des Menschen, der Menschenpflanze der Zeitalter. Er wird geboren und blüht eine Weile, dann stirbt er und geht zur Ruhe, und mit dem wiederkehrenden Lebenszyklus tritt er von neuem ins Dasein, erblüht von neuem und stirbt wieder dahin; doch immer zieht sich der goldene Faden des Selbstes – der Süträtman – durch Zeit und Raum. Der Geist des Menschen wirkt durch die menschliche Seele, und diese menschliche Seele wirkt durch das vital-astrale oder ätherische Vehikel, den Träger oder Körper, den Übermittler der seelischen Energien oder Kräfte, der psychomagnetisch mit den Organen des physischen Körpers verbunden ist, und dieses vital-astrale Prinzip wirkt auf den physischen Körper ein und strömt durch alle Teile unserer physischen Hülle, so wie der elektrische Strom nicht nur durch, sondern auch über und um den Leitungsdraht fließt.
Der Geist entfaltet und beschützt die menschliche Seele und erzeugt sie aus seinem eigenen Schoß der Selbstheit. In gleicher Weise erzeugt und durchdringt die menschliche Seele die vital-astrale Form; und diese erzeugt und durchdringt ihrerseits den physischen Körper. Ein menschlicher Same kommt aus den ätherischen Welten und ist das Layazentrum, durch das der entstehende Körper, Zelle um Zelle, aus den inneren Welten einströmt und sich aufbaut. Dieser Same wird zum physischen Körper. In harmonischer Koordination und progressiv mit seinem Wachstum vollzieht sich die Inkarnation der menschlichen Energien, bis der Reifezustand erreicht ist. An diesem Punkt hat man den erwachsenen Menschen und die mehr oder weniger vollständig inkarnierte menschliche Seele vor sich.
Der Mensch ist eine komplexe, zusammengesetzte Wesenheit. Seine Konstitution erstreckt sich vom Körper zum Geist mit allen Zwischenstufen ätherischer Substanzen, Energien und Kräfte, sieben an der Zahl. Wenn diese sieben verschiedenen Stufen oder Grade in vitaler Aktivität zusammenwirken, dann ergibt dies einen vollständigen, lebendigen Menschen. Die menschliche Seele ist an sich weder unsterblich noch sterblich. Sie ist im Durchschnittsmenschen der Sitz von Wille, Bewußtsein, Intelligenz und Gefühl. Sie ist nicht unsterblich, da sie nicht rein genug ist, um wahrhaft unpersönlich zu sein. Wenn sie es wäre, dann wäre sie nicht menschlich, sondern übermenschlich. Sie ist nicht völlig sterblich, da ihre Instinkte, Regungen und Tätigkeiten in gewissem Sinn über den rein sterblichen, stofflichen Dingen stehen.
Der Mensch hat heilige Liebesempfindungen, Sehnsüchte, Hoffnungen und geistige Visionen. Diese gehören dem Geist an, der unsterblich und todlos ist; sie werden durch die menschliche Seele oder Zwischennatur übermittelt, die die 88 Menschen gewöhnlich ihr ‘Ich’ nennen, ganz ähnlich wie das Sonnenlicht durch eine Fensterscheibe strahlt. Die Fensterscheibe ist das Vehikel, der Leiter, der Träger oder Übermittler dieser wunderbaren Qualität oder Kraft, die von dem Geist von oben herniederströmt. Die menschliche Seele gleicht diesem Glas des Fensters. Sie spiegelt vom Geist, von des Geistes goldenem Sonnenlicht ebensoviel wider, wie ihre evolutionäre Entwicklung es ihr erlaubt. Die menschliche Seele ist bedingt unsterblich, wenn sich der Mensch durch Wille und Vision mit dem todlosen Geist in seinem Innersten und Höchsten verbindet – und sterblich, wenn er sich zu Kräften hinabziehen läßt, die Materie, materielle Instinkte und Triebe genannt werden, die ganz und gar sterblich sind und sich mit dem Körper auflösen, wenn der Tod eintritt und der unsterbliche Geist im Innern befreit wird.
Wenn der Mensch für die Dauer der Periode der Ruhe und des Friedens zwischen zwei Leben in seine erhabene Heimat einzieht, verbleibt daher nur Glückseligkeit und hohes Schauen und die Erinnerung an alles Große und 89 Erhabene in unserem vergangenen Leben. Die Seele selbst ist ein ätherisches Gefäß oder ein ätherischer Träger der todlosen und unsterblichen Energien des schöpferischen Geistes oder der Monade. Der Geist ist der unsterbliche Teil der menschlichen Konstitution; er ist die Monade, die monadische Essenz: das, was den Tod niemals schmeckt, was vom Beginn des Manvantara bis zum Ende dieser majestätischen Periode kosmischer Offenbarung dauert: das, was das kosmische Pralaya überdauert und seine spirituelle und sonstige Wirksamkeit wieder aufnimmt, wenn das neue kosmische Manvantara beginnt. So entfaltet sich in zyklischen, beständig wiederkehrenden Perioden der Geist oder die Monade in ewigem Werden immer weiter vom Spirituellen zum Überspirituellen, um dann zum Göttlichen und weiter zum Übergöttlichen zu werden. Ist dies das Ende seiner Entwicklungsmöglichkeiten? Nein, er schreitet ewig fort, sein Wachstum und seine Entwicklung finden nie ein Ende.
Doch Worte versagen hier zur Beschreibung dieser erhabenen Idee.
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